© Erich Reismann
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Februar 2023
Wir fahren: ein elektrisches SUV aus China, das dem Model Y von Tesla Konkurrenz macht. Aber was kann der MG Marvel R Electric wirklich?
Es ist noch gar nicht so lange her, da fielen Autos chinesischer Herkunft bei uns in erster Linie wegen miserabler Crashtest-Ergebnisse und unterirdischer Verarbeitungsqualität auf. Vielleicht erinnert sich ja noch jemand an den unseligen Jiangling Landwind, der 2005 in puncto Sicherheit als gefährlichstes Auto der Welt galt.
Nun, diese Zeiten sind vorbei. Chinesische Hersteller drängen heute – durchwegs mit Elektroautos – in die europäischen Märkte. Mit einer Geschwindigkeit und Qualität, die der alteingesessenen Konkurrenz zusehends Sorgen machen. Zu Recht?
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MG Marvel R
Um diese Frage zu beantworten, haben wir einen Vertreter herausgepickt und sind damit mehrere Tausend Kilometer gefahren: Der MG Marvel R stammt von einem Massenhersteller mit dem klingenden Namen SAIC, und bevor Sie fragen: Nein, mit der Traditionsmarke MG aus Großbritannien hat dieses Auto (bis auf das Emblem) natürlich nichts mehr gemein.
Die Benamsung ist schlicht ein Marketing-Gag, um Kundinnen und Kunden in Europa regionale Vertrautheit zu suggerieren.
Was sofort auffällt: die Optik des Marvel. Wir wurden oft darauf angesprochen, allerdings nicht wie üblich an der konventionellen Tankstelle (die man mit einem Elektroauto ja nur noch besucht, wenn am Wochenende die Milch ausgeht), sondern meist beim Laden an der Straße oder vorm Supermarkt. Was wir oft hörten: "So ein schönes Auto!"
Nun ist Ästhetik zwar ein rein subjektives Empfinden, aber ganz ehrlich: Viel falsch gemacht haben die Designer beim Marvel wirklich nicht.
Reichweite & Co.
Kommen wir flugs zum berühmten E-Auto-Stammtischfragen-Trio: "Wie weit, wie lang, was kost's?": Der 70-kWh-Akku sorgt auf unserer Normrunde bei winterlichen drei Plusgraden für 300 Kilometer Reisedistanz und ist an Schnellladern in rund 40 Minuten wieder an der 80-Prozent-Marke. Passt.
Und preislich? Da ist der Marvel R auf den ersten Blick keine Okkasion (Basismodell ab 47.990 Euro ohne Förderungen), auf den zweiten aber schon: Denn recht viel mehr an Ausstattung, Luxus und Kraft in einem mittelgroßen Elektro-SUV gibt's um dieses Geld sonst nirgendwo – zumal in der getesteten Performance-Version mit drei E-Motoren, Leder-Interieur, Bose-Sound etc.
Stichwort Motoren: Die liefern in unserem Fall lustige 288 PS, sorgen aber für eine sehr harmonische Kraftentfaltung, die sich nie übertrieben anfühlt wie etwa bei Tesla. Außerdem: Fahrwerk mit fein ausgewogener Mischung zwischen Komfort und Straffheit, die Lenkung arbeitet ausreichend direkt.
Licht und Schatten
Als verlässlicher Quell des Ärgernisses hat sich das Touchscreen-Display des MG erwiesen, auf dem notgedrungen ein Großteil der Bedienung passiert. Im Detail:
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1 Das Display reagiert in vielen Fällen (zum Beispiel bei Kälte) erst auf den dritten Finger-Tippser (während man im Blindflug draufschauen muss), außerdem ist die Menüführung sinnlos kompliziert gestaltet. © Erich Reismann
2 Oft genützte Funktionen wie Heizung oder die Lautstärke des (hervorragenden) Audiosystems bedürfen mehrerer Interaktionen in Folge – ein eklatantes Sicherheitsproblem, mit dem MG momentan aber (leider) nicht alleine ist. © Erich Reismann
3 Ärgerlich außerdem: Der Spurassistent, der uns in der Stadt (vermutlich wegen falsch erkannter Fahrbahnführung durch Straßenbahnschienen bei tief stehender Sonne) ganz selbstständig in parkende Autos lenken wollte. Logisches Resultat: Man schaltet das System (im urbanen Gebiet) ab. Was (je nach Tagesverfassung des Displays) wiederum bedeutet, mehrmals darauf tippen zu müssen, bevor man überhaupt wegfährt. Sehr, sehr mühsam. © Erich Reismann
Unsere Erfahrungen mit…
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… dem co*ckpit Trügerische Idylle: gemütliches Inneres samt Voll-Lederausstattung, aber das zentrale Display kann im Alltag extrem nerven (siehe oben).
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… der Verarbeitung Manche Mängel sieht man erst auf den zweiten Blick. In den Spalt zwischen vorderer Armablage und linkem Sitz etwa passt eine ganze Handbreit – rechts hingegen maximal ein Blatt Papier.
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… den Ablagen Gut kopiert: Wo bei Volvo viel Platz für Krimskrams ist, kann auch im MG einiges verstaut werden. Die USB-Anschlüsse für Handy & Co. sind hinter dem Display perfekt platziert.
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… dem Laden An CCS-Schnellladern nimmt der Marvel bis zu 92kW auf – ein fast leerer Akku ist damit in rund 40 Minuten wieder an der 80-Prozent-Marke.
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… den Fahrmodi Hier wird per Drehregler entschieden, ob es nach vorne oder hinten geht. Die "Regen"-Taste rechts erzeugt keinen Niederschlag, sondern regelt die Motor-Rekuperation ("Regeneration").
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… den Sitzen Gemütlich, ausreichend groß und vor allem langstreckentauglich – im Marvel lässt sich's außerordentlich bequem reisen.
Unser Fazit
Der MG Marvel Electric ist – vor allem in Sachen Preis-Leistungs-Verhältnis – ein durchaus erstaunliches Auto. An den Kinderkrankheiten wird in China schon getüftelt, ganz sicher. Jiangling Landwind war früher.
Christoph Löger, Redakteur
Daten & Fakten
© auto touring/Kaleta
Technische Daten
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Crashtest-Ergebnis
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